Intro

Es war irgendwann in der Abizeit, als mein Mathelehrer ins Klassenzimmer trat und verkündete, daß wir uns in den nächsten Stunden mit der Berechnung der Entfernung zweier gedachter Ebenen im Raum beschäftigen würden. Mir war sofort klar, dass wir scheinbar nicht im gleichen Sonnensystem lebten und dass sich unsere Wege bald trennen würden. Trotzdem dauerten unsere unwirklichen Zusammenkünfte zur Behebung irrealer Schwierigkeiten noch bis zum Ende meiner aktiven Schullaufbahn. Aufgrund mangelner begreifbarer Themen blieb mein einziger geistreicher Beitrag im letzten Schulhalbjahr die Frage, ob ich nicht den Unterricht verlassen könne, da ich mich die Vorbereitung der Abi-Klausur nicht beträfe (ich nix Mathe im Abi). Wenigstens dieses eine Mal hatte er am Inhalt meiner Wortmeldung nichts auszusetzen. - Viele Jahre später ist mir zwar keine gedachte Ebene mehr begegnet (wahrscheinlich weil ich überwiegend an andere Dinge denke), aber bei alle dem, was mir seit der Schulzeit begegnet ist, befürchte ich, dass mein Mathe-Lehrer damals bereits Einblicke in Galaxien und verborgene Lebenswüsten hatte, die ich bis heute nur erahne.

Dienstag, 18. September 2007

Müllvermeidung

DIe ZEiten haben sich geändert, das wissen wir schon seit uns das unsere Großeltern verraten haben. Dies gilt nicht nur für den Werteverfall, sondern auch den Umgang mit unserem Hab und Gut. Damals (wann auch immer das war und wer da gelebt hat) war man noch sparsam und zufrieden mit dem was man hatte. So zum Beispiel meine Eltern. 25 Jahre lang haben die vor der gleichen Wohnzimmerschrankwand gesessen, bevor eine Neue fällig wurde. Noch präsent ist mir bis heute der für damalige Zeiten verschwenderische Unterton der Aktion. Die Schrankwand war nämlich noch funktionstüchtig. Und trotzdem gab es neues Holz für die gute Stube. Einfach so, weil 25 Jahre um waren und man mal was Neues sehen wollte, was um den Fernseher herumgebaut steht. Es ging auch nicht um die Schönheit des Mobiliars, denn wer das unschöne Zeug 25 JAhre angeschaut hat, der hätte es noch länger geschafft. - Während damals die Verschwendung frühestens zur Silberhochzeit einsetzte, scheint es heute gängig, sein Handy wegzuschmeißen, wenn die Karte abtelefoniert oder der Vertrag aufgrund zu hoher Rechnungen gekündigt wurde. - Das Ende scheint nah...

Aber zum glück gibt es auch noch Bastionen der Müllvermeidung. Nun will ich mir nicht anmaßen, den Osten der Republik pauschal mit dem Lob der Sparsamkeit zu überhäufen, aber zumindest bei uns hier im toten Winkel des Dreiländerecks wird der unendlichen Wiederverwertung aller persönlichen Gegenstände ein hoher Stellenwert zugeteilt.

Erstmals fiel mir dies bei einem Umzug auf. Wir lagerten für eine Bekannte ihre Möbel in einem Keller ein, die dort verweilen sollten, bis sie die Sachen in eine ca. 400 km entfernte Stadt nachholen wollte. Ein tollkühnes Unternehmen, wenn man bedenkt, dass wir nur mit Mühe die Sachen die Kellertreppe hinunterheben konnten, ohne dass sie uns zwischen den Händen zusammenbrachen. Von den Kosten des Transporters, die den Wert der Habseligkeiten vermutlich weit überstiegen, wollen wir hier mal aus idealistischen Gründen nicht reden.

Aber das war nur der Anfang von meinen Beobachtungen. Eine Kollegin von mir zeichnete sich dadurch aus, dass sie gerne bedrucktes und beschriebenes Papier aufhob um es für das Faxgerät noch einmal zu verwenden. Bei aller Freude über nicht unnötig gefällte Bäume stand ich so häufiger mal vor der Frage, was uns denn nun gefaxt worden war, wenn ich ein beidseitig bedrucktes Stück Papier in der Hand hielt.

Ähnlich verhält sich auch ein anderer Kollege, dem ich einen Arbeitsplatz später begegnete. Zu seiner Spezialität gehört unter anderem das mehrfache verwenden von gelben Klebenotizzetteln. Wer jetzt glaubt, dass sein Schreibtisch entsprechend übersichtlich ist, da die Haftnotizen ja mehrfach beutzt werden und entsprechend wenig davon rumkleben, weit gefehlt. Wenn man den Arbeitsplatz meies geschätzten Mitstreiters sieht, könnte man ehr denken, dass es ihm selbst bei einem vierfach verwendeten Notizzettel noch schwer fällt, Abschied zu nehmen. Vielleicht begründet sich der große gelbe Haufen auf seinem Schriebtisch aber auch daher, dass er bei der Fülle an aufgeschriebenen Infos pro Blatt ein zu hohes Risiko eingeht, dass eine Nachricht verloren geht, wenn er einen Zettel entsorgt. Da nehmen wir es in Kauf, auch mal gemeinsam den Berg zu durforsten, wenn wir uns an eine Notiz nicht mehr erinnern können und sie nachlesen möchten.

Zweifelsohne Konsequent ist selbiger Kollege auch bei der Ernährung. Da wo ich herkomme,ist das Mindesthaltbarkeitsdatum ein selten zu hinterfragendes Gesetz.
Ich glaube sogar zu wissen, dass mein Körper schnell negativ reagiert, wenn ich Dinge esse, die laut erwähntem Verpackungsaufdruck abgelaufen sind.

Mein Kollege nimmt das Verfallsdatum maximal als grobe Richtlinie, wobei ich vermute, dass er tendenziell ein Jahr dazu gibt als 1-2 Tage. Aber es scheint nicht zu schaden. Und so können wir uns auf Arbeit rühmen, seltenst Lebensmittel wegzuwerfen. Getoppt wird das nur noch von Peter, der behauptet, in der Nahrungskette direkt vor dem Kompost zu stehen.

Wie dem auch sei. Was man in unserer Region entsprechent weniger beherrscht (weil man ja so selten was wegwirft), ist die Art und Weise der Entsorgung. Schließlich dauert der Ablösungsprozess von scheidenden Gegenständen hier gefühlte 1007,5 Jahre. Das heißt, man schmeißt in seinem Leben eigentlich fast nichts weg. Aber wenn, dann..

In unserem Viertel sind die bevorzugten Plätze zur Müllentsorgung Baulücken und Brücken. Fleißige Jäger und Sammler könnten sich bei regelmäßigm Aufsuchen benannter Plätze schnell einen kompletten Hausrat zusammensuchen (An dieser Stelle noch mal danke für die voll funktionierende Singleküche aus der Baulücke Fichtenstraße. Die steht jetzt bei uns im Schrebergarten).

Sehr beliebt ist auch das Rausstellen allerlei defekter Gegenstände, wenn sich mal wieder ein mobiler Schrotthändler ankündigt. Auf den Flyern steht zwar meist genau drauf, was eingesammelt wird und was nicht. Aber wozu den ganzen Zettel lesen, wenn das Wichtigste ganz oben steht:" Bitte stellen Sie Ihren Schrott am 13.05.07 gut sichtbar an die Straße." Manche müssen dann zwar flink ihre Autos umparken, damit die nicht auch vom Schrotthändler mitgenommen werden, aber das Rausstellen an sich klappt immer. Und da vieles dann vom Schrotthändler nicht mitgenommen wird, weil es nicht mir auf dem Flyer stand, steht viel Schrott teilweise noch tagelang gut sicht- bar an der Straße, auf der Straße, neben den Baulücken und unter den Brücken.

Das man mit Müll auch kreativ agieren kann (und damit meine ich nicht die Öko-Müll-Musiker die in den achtziger Jahren im Kinderfernsehn aufgetreten sind), zeigte sich vor einigen Jahren bei uns vor den Haustüren. Mit Freude las ich den Aushang, der an jeder Haustür in der Straße hing, dass aufgrund der großen Nachfrage (?) am kommenden Samstag die Stadt Spermüll im ganzen Viertel einsammelt. Das lässt man sich nicht zwei Mal sagen, auch wenn man sich wundert, warum die Stadt den Müll unbedingt am Wochenende abholen will.
Als ich in der Woche drauf meiner damaligen Kollegin in der Pause davon erzähle begann sie hinter ihrer Zeitung an zu lachen. Anschließend laß sie mir einen Artikel über unser Viertel vor, indem jemand illegal einen Straßenspermüll angekündigt hat, um mit dem rumstehenden Mobiliar eine Demo rechtsorientierter Bürger zu verhindern, die genau durch die vollgestellte Straße gehen sollte. Die Demo fand zwar trotzdem statt, aber immerhin haben wir wieder Platz im Keller. Denn die Stadt kam tatsächlich am Wochenende, um alles abzuholen, damit kein Demonstrant drüber fällt.

NA dann....

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Netter Beitrag, doch lege ich Wert darauf, dass der Spruch mit dem Kompost von meiner Frau kommt und nicht von mir selbst und möchte nun - wie schon mehrfach erwähnt - in meinem hohen Alter von 29,95 Jahren nicht mehr mit dieser Identität in Zusammenhang gebracht werden. Ich komme einfach nicht mehr an frühere Erfolge heran...
(Peter --> du hast hoffentlich den Namen aus Personenschutzgründen geändert?)

Gruss - Peter