Intro

Es war irgendwann in der Abizeit, als mein Mathelehrer ins Klassenzimmer trat und verkündete, daß wir uns in den nächsten Stunden mit der Berechnung der Entfernung zweier gedachter Ebenen im Raum beschäftigen würden. Mir war sofort klar, dass wir scheinbar nicht im gleichen Sonnensystem lebten und dass sich unsere Wege bald trennen würden. Trotzdem dauerten unsere unwirklichen Zusammenkünfte zur Behebung irrealer Schwierigkeiten noch bis zum Ende meiner aktiven Schullaufbahn. Aufgrund mangelner begreifbarer Themen blieb mein einziger geistreicher Beitrag im letzten Schulhalbjahr die Frage, ob ich nicht den Unterricht verlassen könne, da ich mich die Vorbereitung der Abi-Klausur nicht beträfe (ich nix Mathe im Abi). Wenigstens dieses eine Mal hatte er am Inhalt meiner Wortmeldung nichts auszusetzen. - Viele Jahre später ist mir zwar keine gedachte Ebene mehr begegnet (wahrscheinlich weil ich überwiegend an andere Dinge denke), aber bei alle dem, was mir seit der Schulzeit begegnet ist, befürchte ich, dass mein Mathe-Lehrer damals bereits Einblicke in Galaxien und verborgene Lebenswüsten hatte, die ich bis heute nur erahne.

Samstag, 7. Juli 2007

Erlesene Pralinenmischung

„Die Gleichen gab es letztes Jahr auch schon“, stelle ich fest, als ich meinen Hals bei dem Versuch verknote, auf der Unterseite der Pralinenschachtel die verschiedenen Sorten zu studieren. Meine Mutter gehört zu den Menschen, die gerne auf Bewährtes beim Verschenken zurückgreifen. Ich hatte vor dem vorletzten Weihnachtsfest mal beiläufig erwähnt, dass ich gerne Pralinen esse, aber zu geizig bin, mir welche zu kaufen. Obwohl das nicht ganz stimmt. Ich habe einmal eine grosse Schachtel im Supermarkt gekauft, weil die unglaublich billlig war. Aber der Inhalt schmeckte ebenso unglaublich. Seit dem gab es bei uns keine Pralinen mehr. Bis zu dem Weihnachtsfest, das unmittelbar nach meiner Äußerung bezüglich unserer Pralinenarmut lag. Da glänzte plötzlich eine dicke Kiste Schokokreationen unter dem nicht vorhandenen Weihnachtsbaum. Und ein Jahr später sitze ich nun vor den Resten eines weiteren Weihnachtsfestes mit exakt den gleichen Köstlichkeiten. Das einzige, was diese Schachtel mit der letzten selbst gekauften Packung Pralinen teilt, ist das unerklärliche Unding, dass die Erklärungen, wellches Schokorechteck wie heisst und wonach es schmeckt, auf der Unterseite der Verpackung aufgedruckt ist. Da schaut man, bzw.ich natürlich in der ersten Gier nicht drauf, sondern öffnet erst einmal die Kiste, um sich eine schicke Köstlichkeit in den Mund zu stopfen. Wenn die Packung erst einmal offen ist, wird es mit dem Umdrehen schwer, besondern wenn zwei Lagen in einer Kiste sind. Ich habe es versucht. Packung zugemacht nund umgedreht. Da fliegt alles durcheinander in der Packung und spätestens dann ist es noch schwerer, die einzelnen Sorten auseinanderzuhalten. So war es besonders bei der billigen Packung, weil da sahen fast alle Schokoteile gleich aus und schmeckten ähnlich bescheiden, so dass man nicht mal im Nachhinein sagen konnte, „Oh, das war wohl das tolle Nussterzett“. Aber auch bei der teuren Geschenkgabe meiner Mutter ist mir bei dem Versuch, die Unterseite der Schachtel zu studieren, alles durcheinander geflogen. - Warum kleben die die Beschriebung für die Pralinen unter die Kiste? Soll man vor dem Verzehr alles auswendig lernen? Oder soll der Überraschungswert erhalten bleiben? Ist doch gefährlich, einfach so in eine von den Dingern reinzubeissen. Hinterher ist da ne Kirsche drin, oder irgend was anderes, was nichts in meinem Mund zu suchen hat. Ich bin nämlich kein Fan von gesunden Sachen, vor allem nicht von Obst. Und in Süßigkeiten hat so etwas schon gar nichts zu suchen. –
Der Vorteil bei Wiederholungsgeschenken ist vielleicht der Umgang. Nachdem heute auch diese Kiste ihrer letzten Pralinen beraubt wurde, nutze ich eine kurze Phase sinnloser Langeweile, um die Rückseite genauer zu studieren. Zwar ist ein erfolgreiches Einprägen der verschiedenen Sorten für den zu erwartenden Weihnachtspralinen-Hattrick zum kommenden Fest nicht zu erwarten, aber wichtige Hinweise lassen sich zu Hauf finden. Allerdeings bin ich verunsichert, was mir beim Durchlesen der Zutaten mehr Sorge bereiten soll. Ist es die Tatsache, dass ich meinem Körper in den letzten Tagen u.a. Gummiarabicum und das Backtriebmittel Natriumhydrogencarbonat zugemutet habe? Oder habe ich mich an meinen Verdauungsorganen schuldig gemacht, weil ich Spuren von Erdnüssen und anderen Nüssen leichtfertig konsumierte? Im letzteren Falle spreche ich mich dann doch von allen Anklagen frei, da ich z.B. beim „Haselnuss-Nougat“ oder auch bem „Zwetschkenbrand in Nuss“ eine bewußte Entscheidung „pro Nuss“ getroffen habe. Naja, so bewußt nun auch wieder nicht, schließlich konnte ich die Übersichtstafel, solange die Schachtel nicht leer war, nur unvollständig und unter Anwendung schlangenmenschlicher Fähigkeiten erblicken. Aber wahrscheinlich war mir das Risiko der Aufnahme von Nussbestandteilen von vornherein bewusst. Diesbezüglich bin ich mir bei dem Gummiaraber und dem Drogencarbonat nicht so sicher. Aber was soll`s. Nun ist es drin im Körper. – Kennt Ihr die Szene aus Spaceballs, wo einem ein Aline aus dem Bauch wächst...., ? Ich werde trotzdem nicht zum Arzt gehen. Wer weiß, was der sagt, wenn ich ihm vom arabischen Kautschuk und Backtriebhaluszigenen berichte. Das zahlt keine Krankenkasse, wenn da Schäden bleiben. Bestimmt nicht. –
Zurück zur Rückseite der Pralinenkiste. Die Angaben zum Brennwert und zu den Kohlenhydraten überfliege ich lediglich. Ist meiner Meinung nach so wie so zwecklos. Was hilft es mir, wenn ich weiss, dass 100g Pralinen 56g Kohlenhydrate enthalten? Wie bitte weiss ich denn, zu welchem Zeitpunkt ich 100g Pralinen gegenssen habe? Soll ich vorher meinen geplanten Konsum abwiegen? Oder soll ich verleitet werden jeden Tag genau eine ¼ Packung zu essen, weil das dann 100g sind? – Aber besser werden die Angaben auch nach diesen undurchsichtigen Auskünften über die Inhaltsstoffe nicht mehr. „Vor Wärme und Feuchtigkeit schützen. Änderungen vorbehalten.“ Na schönen Dank. Gibt es also Umstände, unter denen ich doch besser auf eine warme und feuchte Lagerung zurückgreifen soll? Oder bezieht sich dieser letzte bedeutungsschwangere Satz auf die Tabelle mit Brennwert und Kohlenhydrate? Vielleicht sind Abweichungen zu erwarten, wenn ich an einem Abend nur die alkoholischen Pralinen esse und am nächsten Abend nur die mit spuren von Erdnüssen und anderen Nüssen? Taktischer Pralinenverzehr zur Reduzierung der Kohlenhydrate. Das kann ich mir bestimmt patentieren lassen. – Vielleicht ist ja auch das Mindesthaltbarkeitsdatum gemeint. Wenn ich den Schutz vor Wärme und Feuchtigkeit nicht gewähre, dann halten die Pralinen nicht bis zum 30.08.07. Und wenn sie es doch überleben, dann verformen sie sich und sehen aus wie Aliens. - Hauptsache die vorbehaltenen Änderungen beziehen sich nicht auf die Zutaten. Nicht auszudenken, was dann auf mich zukommt, nächstes mal unterm Tannenbaum (unser Tannenbaum war übrigens eine Fichte). Statt Gummi Latex, statt Arabern Asiaten, statt Backtriebmitteln plötzlich Kochverlangsamungspulver und statt Drogen dann plötzlich Methadon oder grünen Tee. – Bei solchen Horrorszenarien wird mir plötzlich klar, warum all`diese Erläuterungen auf die Unterseite einer Pralinenschachtel geklebt werden. Besserman liest es niemals durch.

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