Das schöne an unserem Viertel ist, dass man häufiger mal ein bekanntes Gesicht auf der Straße trifft. Ich habe mich früher immer gefragt, warum bei uns zu Hause meine Mutter von der Bäckerin bis zur Apothekerin alle persönlich kennt. Heute weiß ich, dass man einfach nur lange genug in der gleichen Ecke wohnen muss und schon trifft man die Kassiererin seines Vertrauens auf dem Stadtteilfest, den Gastwirt seines Vertrauens beim Gassi gehen mit dem Hund und die Sauna Aufschließerin des Vertrauens (gibt es dafür eine Fachbezeichnung?) beim örtlichen Weihnachtsmarkt. Neulich verquatschte ich mich mit einem Bekannten im Supermarkt, der vor wenigen Tagen erst einen Mietvertrag für eine Wohnung in unserem Viertel unterschrieben hatte. Der schimpfte zunächst umfassend auf das angrenzende Kneipenviertel, in dem es seiner Meinung nach seit Jahren bergab geht. Gleichzeitig prophezeite er auch dem unsrigen Kiez den baldigen Untergang, angesichts der zunehmenden Gefahr durch Kommerz und Bierflaschen rumschmeißender Rowdys, die sich durch ein unnötig wachsendes Szeneleben angezogen fühlen könnten. Schließlich faste er den Charme unseres Stadtteils beispielhaft damit zusammen, dass er auf bereits erwähntes Fest verwies, bei dem die Leute 3 Tage becherten, wie die Raben, ohne dass auch nur 1 mal die Polizei auflaufen musste. Gut haben wir es, das Leben kann so einfach sein.
Erwähntes Stadtteilfest überzeugt übrigens, wie unser Viertel insgesamt, durch seine Bürgernähe. Das kam mir jedenfalls so vor, als eine Musikbühne in unmittelbarer nähe unseres Schlafzimmerfensters aufgebaut wurde. Im Glauben an hochwertige Fenster bettete ich mein Haupt in guter Hoffnung, trotz feiernder Meute auf den Straßen zur Ruhe zu kommen. So ca. zur Geisterstunde fing plötzlich jemand an zu schreien. Erst dachte ich, eine wilde Verfolgung hätte auf der Straße eingesetzt. Das friedliche Fest wurde aber lediglich durch eine Metalband erfrischt und erst nach mehrfachem kontrollieren wurde mir klar, dass die Band nicht bei uns auf der Bettkannte spielte und tatsächlich alle Fenster der Wohnung verschlossen waren. Nach mehreren glücklosen Versuchen, dem Gefühl Herr zu werden, jemand stehe direkt neben mir und brüllt mir ins Ohr, entschied ich mich für eine kleine Nachtgymnastik, wuchtete die 1,6m breite Matratze ins Kinderzimmer. Auch hier war der Sound/Lärm noch beachtlich, aber wahrscheinlich war ich so erschöpft vom Matratze schleppen, dass ich irgendwann einschlief.
Intro
Es war irgendwann in der Abizeit, als mein Mathelehrer ins Klassenzimmer trat und verkündete, daß wir uns in den nächsten Stunden mit der Berechnung der Entfernung zweier gedachter Ebenen im Raum beschäftigen würden.
Mir war sofort klar, dass wir scheinbar nicht im gleichen Sonnensystem lebten und dass sich unsere Wege bald trennen würden. Trotzdem dauerten unsere unwirklichen Zusammenkünfte zur Behebung irrealer Schwierigkeiten noch bis zum Ende meiner aktiven Schullaufbahn. Aufgrund mangelner begreifbarer Themen blieb mein einziger geistreicher Beitrag im letzten Schulhalbjahr die Frage, ob ich nicht den Unterricht verlassen könne, da ich mich die Vorbereitung der Abi-Klausur nicht beträfe (ich nix Mathe im Abi). Wenigstens dieses eine Mal hatte er am Inhalt meiner Wortmeldung nichts auszusetzen. -
Viele Jahre später ist mir zwar keine gedachte Ebene mehr begegnet (wahrscheinlich weil ich überwiegend an andere Dinge denke), aber bei alle dem, was mir seit der Schulzeit begegnet ist, befürchte ich, dass mein Mathe-Lehrer damals bereits Einblicke in Galaxien und verborgene Lebenswüsten hatte, die ich bis heute nur erahne.
Freitag, 21. März 2008
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
2 Kommentare:
dein blog ist ja echt witzig! also, die zeitschrift mit dem lasern der augen hab ich mir beim augenarzt mit genommen, deine hausschuhe muss ich mir mal angucken kommen und von welchem fest in unserem dorf hier redest du mitte märz?
liebe grüße corinna
das Fest war das Hechtfest 2007, das Gespräch im Supermarkt fand aber erst dieses Jahr statt.
Kommentar veröffentlichen